Wenn analoge und digitale Welten verschmelzen

Unternehmer, Investor und Xing-Gründer Lars Hinrichs ist Initiator des Digital Art Museums, das er 2024 in der Hamburger HafenCity eröffnen möchte. Wir sprechen mit ihm über das erste Museum in Europa, das dann ausschließlich digitale Kunst zeigt, eine neue Kunstepoche und über ein Aha-Erlebnis in Tokio.

Sie starten die Entwicklung Ihres künftigen Museums nach konzeptionellem Vorbild der teamLab Borderless-Ausstellung in Tokio. Dort hat das Künstlerkollektiv teamLab mit einem vergleichbaren mehrdimensionalen und multisensualen Kunsterlebnis bereits Millionen Besucher angelockt. Sie selbst hatten in der japanischen Hauptstadt ein Aha-Erlebnis. Können Sie Ihre Eindrücke vor Ort schildern?

Die Eindrücke sind schwer zu beschreiben, da diese auch immer sehr individuell sind. Man taucht förmlich in die Kunstwerke ein, interagiert mit ihnen, wird ein Teil der Kunst. Das klingt sehr abstrakt, ist aber zugleich sehr simpel und intuitiv, wenn man es selbst erlebt. Egal, ob man vier oder 99 Jahre alt ist. Und das war auch mein wohl größtes Aha-Erlebnis: Alle Menschen, die das Museum verlassen haben, hatten ein Lächeln im Gesicht – unabhängig vom Alter oder Geschlecht.

Wie wirklich fühlt sich die reale Welt an, wenn man die Ausstellung wieder verlässt?

Die reale Welt fühlt sich auch nach dem Besuch real an. Man selbst fühlt sich danach auf jeden Fall sehr inspiriert. Die immersive Kunst, die im Digital Art Museum gezeigt wird, schafft es, analoge und digitale Realitäten zu verschmelzen, die das Ganze zu einem einzigartigen Erlebnis machen und zum Denken anregen.

Warum braucht es eine solche Form von Museum?

Hier stellt sich die generelle Gegenfrage: Warum braucht es überhaupt Kunst? In einem Museum – und da macht das Digital Art Museum keinen Unterschied – geht es um Inspiration, um Fantasie, darum, berührt und entführt zu werden. Das ist der Kern der Kunsterfahrung im Digital Art Museum. Die Kunst dort folgt keinen vorgegebenen Mustern und Regeln, sondern lebt durch die Emotionen und Interaktion der Besucherinnen und Besucher. Für mich als Gründer inspiriert mich zudem das Wissen, dass mit der digitalen Kunst eine neue Kunstepoche angebrochen ist. Der Gedanke, das wohl renommierteste und erfolgreichste Künstlerkollektiv dieser Epoche in meiner Heimatstadt Hamburg und damit in Europa erlebbar zu machen, ist mein Antrieb.

Wollen Sie in Hamburg etwas anders machen als bei Ihrem konzeptionellen Vorbild in Tokio?

Wir arbeiten in der Konzeption der Ausstellung eng mit teamLab zusammen. Die Kunst, die wir im Digital Art Museum zeigen werden, wird von teamLab individuell entworfen und in dieser Form einmalig sein. Dabei werden altbekannte Werke genauso integriert wie auch neue. Wer also bereits in Tokio die Ausstellung gesehen hat, wird bei uns die Kunst von teamLab wiedererkennen, gleichzeitig aber auch Neues entdecken.

Können auch Events von den Inszenierungen der immersiven Kunst lernen?

Auf jeden Fall. Die immersive Kunst von teamLab ist ja nur eine Ausprägung von digitaler Inszenierung im Raum. Da werden wir in Zukunft in ganz unterschiedlichen Bereichen sehr vieles Inspirierendes sehen.

Wie ist der aktuelle Stand und wie sicher ist es, dass Sie Ihr Museum überhaupt realisieren können?

Es ist sicher, dass es realisiert wird. Die Digital Art GmbH ist dabei alleiniger Eigentümer, Inhaber und Betreiber. Die Stadt Hamburg hat die Ansiedlung positiv unterstützt und den Rahmen gesetzt, um das Museum in der HafenCity Wirklichkeit werden zu lassen. Im letzten Jahr haben wir bereits die Gewinner des architektonischen Workshopverfahrens ermittelt und vorgestellt. Seitdem konkretisiert sich die Planung und somit der Bau täglich, um alles dafür zu tun, das Digital Art Museum bereits 2024 eröffnen zu können.

Gerade für Museen spielt die Architektur eine zentrale Rolle. Was ist hier zu erwarten?

Das Digital Art Museum eröffnet in der Hamburger HafenCity mit über 7.000 Quadratmetern Grundfläche und 10 Meter hohen Decken. Es wird im Quartier Elbbrücken in der östlichen HafenCity beheimatet sein und durch eine 31 Meter mal 5 Meter große Medienfassade hervorstechen. Das gesamte Gebäude ist ökologisch und ökonomisch auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Das schließt an den Anspruch an, in dieser Dimension das erste klimaneutrale Museum der Welt zu sein.

Bei so viel digitaler Kunst – braucht es da überhaupt noch Farbe und Pinsel?

Kunst hat sich schon immer durch Vielfalt definiert. Das wird sich auch nicht ändern. Entsprechend haben die verschiedensten Formen der darstellenden Künste jederzeit ihre Berechtigung. Natürlich gibt es in der Kunst verschiedenen Epochen, die Bewunderung für alte Künstlerinnen und Künstler und deren eindrucksvollen Kunstwerke – insbesondere im zeitlichen Kontext – wird auch bei mir nicht dadurch weniger, dass neue Kunst entsteht.