Ein Gespräch mit Startrompeter Till Brönner über Fotografie als Verstärker, den Handschlag beim Schuster und viel Lässigkeit im Weißen Haus.
Vor ein paar Monaten waren Sie am International Jazz Day mit Kollegen im Weißen Haus zu Gast. Was trägt man denn, wenn man bei Obama zu Hause herumläuft?
Möglichst gediegen. Es gab keine Vorschriften und niemand dachte, er müsse im Frack kommen. Das hat das Weiße Haus auch nicht ausgestrahlt. Aber man hat schon gemerkt, dass jeder gut aussehen wollte. Natürlich geht ein Pat Metheny auch wegen des Präsidenten nicht im Anzug auf die Bühne. Der hat weiter sein gestreiftes T-Shirt zur Jeans an. Eben weil er Pat Metheny ist.
Wie würden Sie Ihren Kleidungsstil beschreiben?
Na schauen Sie mich an, mit meinen blöden T-Shirts (lacht). Ich würde ihn als dynamisch beschreiben. Sich heute leger und in Streetwear zu kleiden, ist viel anstrengender, weil die Kombination mehr Grips und Nachdenken erfordert, wenn es am Ende noch stilecht sein soll. Es ist unmöglich, meine Reisen wie ein Geschäftsmann in Anzügen zu absolvieren. Ich träume allerdings davon. Das ist ein erklärtes Lebensziel. Irgendwann, vielleicht in zehn Jahren, mit fünf Anzügen, zehn Hemden und drei Paar Schuhen zu leben. Die Frage, was ziehe ich an, abzuhaken.
Was ist denn mit Uhren – stören die nicht beim Spielen?
Es ist erstaunlich, wie sehr man sich an das Gewicht an der Hand gewöhnt. Ich mag den Moment, eine Automatikuhr aus der Box zu nehmen und in Ruhe aufzuziehen. Das macht mindestens so viel Spaß, wie mit einem guten Paar Schuhe zum Schuster zu gehen, der dich noch mit Handschlag begrüßt. Man gibt zwar erst mehr Geld für sie aus. Aber auf lange Sicht spart man, weil sie zu reparieren sind.
Wenn Sie fotografieren, was Sie inzwischen auch erfolgreich tun, greifen Sie aber zur Leica. Reizt Sie die schicke Marke?
Ich arbeite mit allen Apparaten gern. Die Leica hat aber wahnsinnig gute Linsen und hat traditionell das Kleinbildformat erfunden. Zu keiner Kamera bekommt man vom Gegenüber ein so merkliches Kompliment wie mit einer Leica. Sie trägt und pflegt immer noch einen Mythos. Den Satz „Oh, that’s a real camera“ habe ich schon oft gehört. Das geht mir mit einem japanischen Boliden nicht so. Große Kameras sehen auch immer aus wie ein Angriff auf die Persönlichkeit.
Wie lassen Sie sich selbst in Szene setzen?
Ich war immer in der glücklichen Lage, das in die Hände des jeweiligen Fotografen zu legen. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass Jim Rakete einen großen Einfluss auf meine Alben hatte. Der hat ein starkes und ausgeprägtes visuelles Verständnis von einem Foto. Dahinter steckt immer eine Aussage.
Ihr neues Album heißt „The Good Life“ – warum?
Es ist ein Titel auf dem Album, der wesentlich hintersinniger ist als das, was er so vordergründig suggerieren könnte. Es geht um die Frage, worauf man verzichten könnte, wenn es im Leben hart auf hart kommt. Die Platte könnte auch heißen: Nimm dir Zeit. Aber dann sind wir schnell bei den alten Shows von Peter Frankenfeld (lacht). Denn gegen „The Good Life“ ist auch im genießerischen Sinne nichts einzuwenden. Die Platte klingt ein wenig wie einer, so glaube ich, der perfekteren Abende, die man haben kann. Wenn man sich Zeit nimmt.