Depression ist eine stille, oft heimliche Erkrankung. Besonders aufmerksamkeitsstark rührt Moderator und Entertainer Harald Schmidt deshalb für die Stiftung Deutsche Depressionshilfe die Werbetrommel. Ein Gespräch mit ihm über fatale Hierarchien von Krankheiten, eine Depressionsgala und den wahren Grund für Burnout.
Warum haben Sie sich vor sechs Jahren entschieden, Schirmherr der Stiftung Deutsche Depressionshilfe zu werden?
Depression ist eine Krankheit, die keine Lobby hat, und alles andere als lustig. Je mehr jeder einzelne über die Krankheit weiß, desto besser kann er damit umgehen. Ich bin selbst ja kein Fachmann. Meine Aufgabe sehe ich darin, dank meiner Prominenz die Pressetrommel zu rühren und quasi mit dem Google-Effekt für mehr Aufmerksamkeit zu sorgen.
Warum fehlt dieser Krankheit bisher eine unterstützende Lobby?
Ich glaube, dass es bei Krankheiten eine Art Hierarchie gibt. Krebs darf man haben. Herz geht auch. Da kann man schon am Krankenbett erzählen, wie schnell man aus der Reha wieder raus ist und den wievielten Bypass man hatte. Depression wird dagegen immer mit Klapse und psychiatrischer Anstalt verbunden.
Können Sie sich vorstellen, dass man eine Depressionsgala im deutschen Fernsehen organisiert und wer da tatsächlich hinkommen würde? Diese Hierarchie möchte ich durch mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit durchbrechen.
Glauben Sie, dass es überhaupt gelingt, das Thema Depression vom Tabu zu befreien?
Wichtig ist mir eher die Aufklärung. Gerade die Betroffenen müssen entsprechend informiert werden, dass sie nicht unter einer Schwäche leiden, sondern unter einer Erkrankung, die man inzwischen gut behandeln kann. Es gibt inzwischen Zahlen, dass die Fälle von Selbstmorden unter den Patienten wegen besserer Öffentlichkeitsarbeit zurückgegangen sind.
Allein um diese Menschenleben zu retten, ist ein Engagement doch allein wertvoll. Bei der Stiftung geht es darum, Depressionen weiter zu erforschen, Wissen weiter zu geben und Betroffenen zu einer besseren Behandlung sowie mehr Akzeptanz in der Gesellschaft zu verhelfen.
Sie sind jetzt viele Jahren Schirmherr. Können Sie sich noch erinnern, wie Sie selbst vor dieser Zeit über die Krankheit gedacht haben? Hatten Sie auch Vorurteile?
Ich dachte schon Dinge wie, derjenige hat nen Depri, die Phase geht schon vorüber, er solle halt einfach ein bisschen abschalten und Sport machen. Dabei weiß ich inzwischen, dass Urlaub machen und die Seele baumeln zu lassen, sogar falsch sein können. Urlaub lässt die Patienten ihr Leiden oft als noch unerträglicher erleben. Stattdessen sind zum Beispiel Routinetätigkeiten oder sogar Schlafentzug hilfreich und haben eine antidepressive Wirkung.
Haben Sie in Ihrer Funktion auch Kontakt zu Betroffenen und wie schildern die ihr Leiden?
Die berichten von der Hölle. Wie sie sich die Krankheit erst selbst eingestehen müssen, mit ihren Familien über eigene Ängste reden, sich nicht trauen, über die Krankheit zu sprechen oder wie sie wegen fehlender Behandlungskapazitäten ein halbes Jahr lang verzweifelt auf eine entsprechende Betreuung warten müssen.
Welches sind Ihre aktuellen Projekte bei der Deutschen Depressionshilfe?
Im vergangenen Jahr haben Dr. Eckard von Hirschhausen und ich eine Radio-Werbespotreihe kreiert, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Außerdem moderiere ich zweimal im Jahr den Deutschen Patientenkongress Depression in Leipzig oder kürzlich eine Veranstaltung zur neuen Partnerschaft der Deutschen Bahn Stiftung mit der Deutschen Depressionshilfe.
Seit ein paar Jahren geistert auch das Thema Burnout durch die Medien. Kennen Sie selbst Phasen der Erschöpfung, wenn z.B. der Beruf einen zu sehr in Beschlag nimmt?
Ich habe das Glück, dass ich meine Arbeit genieße und auch mit Druck gut umgehen kann. Durch die die Zusammenarbeit mit der Stiftung weiß ich allerdings, dass die meisten Menschen mit einem Burnout in Wahrheit an einer Depression leiden. Wenn wir Depressionen auch Depressionen nennen, dann ist das auch ein Schritt zu der richtigen Behandlung.
Was sind denn Ihre aktuellen beruflichen Projekte.
Ich mache gar nichts. Ich bin Privatier. (lacht)